Die Ethik der freien Liebe

Freie Liebe und freie Sexualität brauchen eine ethische Grundlage. Wir orientieren uns in unserem täglichen Leben an ethischen Richtlinien und tragen damit dazu bei, ein Feld des Vertrauens aufzubauen.

  • Die Liebe ist das höchste Kulturgut der Menschheit. Die Liebe zu heilen heißt, sie von aller Angst zu befreien. Wir schließen darin auch die sexuelle Liebe mit ein. Die Liebe ist von Natur aus frei. Wenn du die Wahl hast zwischen Liebe und etwas anderem, dann folge der Liebe.
  • Die Heilung der Liebe ist ein politisches Mandat. Es ist nicht nur ein persönliches Versagen, sondern ein gesellschaftliches System von Angst und Trennung, das zu gescheiterten Beziehungen und zu sexueller Gewalt führt. Darum arbeiten wir an sozialen Strukturen, die es uns erlauben, der immanenten Logik und Wahrheit der Liebe und des Eros zu folgen. Die Hauptfrage ist nicht: „Was bekomme ich?“, sondern: „Wie kann ich mithelfen, dass eine neue Gesellschaft entsteht, in der es keine Gewalt und keinen Missbrauch mehr geben kann?“
  • Die Sexualität ist eine heilige Lebenskraft. Eine sexuelle Begegnung zwischen zwei Menschen, die einander in Freiheit und Respekt begehren, gehört zur Schönheit des erotischen Lebens. Du musst keine persönliche Liebesgeschichte erfinden, um der sexuellen Anziehung zu folgen. Manchmal führt Sex in eine Liebesbeziehung. Aber wenn du sexuelle Leidenschaft mit Liebe verwechselst, erzeugst du Komplikationen, die nicht der Liebe dienen.
  • Sexuelle Freude braucht das volle Einverständnis beider Partner. Sexualität braucht das klare und volle „Ja“ der Beteiligten – sie darf niemals gegen den Willen eines Partners vollzogen werden. Greif ein, wenn du Zeuge von Missbrauch wirst!
  • Stelle „Kontakt” her mit der Person, die du begehrst. Kontakt heißt Wahrnehmung des anderen in einem Raum des offenen Herzens.
  • Bedanke dich für jede schöne Erfahrung, die du hattest und fordere keinen weiteren Kontakt ein. Die Öffnung, die du erlebst, ist deine. Binde sie nicht an die/den Andere/n. Weitere Begegnungen werden sich von selbst einstellen, wenn es so sein soll.
  • Wahrheit in der Liebe ist die Grundlage für jede dauerhafte und stabile Partnerschaft. Transparenz in der Gemeinschaft bedeutet, dass wir einander die Wahrheit offenbaren können und sich ein wachsendes Vertrauen entwickelt. Du brauchst nicht zu lügen, wenn du eine andere Person begehrst. Die Lüge beginnt erst, wenn du diese Tatsache vor deinem Partner verbergen musst.
  • Partnerschaft und freie Sexualität widersprechen sich nicht, sondern ergänzen einander. Liebende sehnen sich nach Treue, das gehört zur Natur der Liebe. Aber es ist auch wahr, dass du nur treu sein kannst, wenn du auch andere lieben darfst. Partnerschaften entwickeln sich aus gegenseitiger Anteilnahme und Unterstützung, nicht aus Besitzansprüchen.
  • Es gibt keine Rechtsansprüche in Liebe und Sexualität. Du kannst Beziehungsprobleme nicht wie eine juristische Forderung an deinen Partner behandeln, sondern sie nur mit Hilfe einer Vertrauensgemeinschaft lösen. Wenn ein Partner unter Eifersucht leidet, sollten wir ihn/sie nicht damit identifizieren, sondern ihm/ihr helfen, die Ursache zu heilen.
  • Übernimm volle Verantwortung für die Verhütung. Bevor du eine sexuelle Begegnung eingehst, kläre, welche Mittel ihr braucht, um euch geschützt zu fühlen. Frage, bevor du handelst.
  • Tu langsam! Es braucht Zeit, um die Logik der freien Liebe zu verstehen. In der freien Liebe geht es nicht um schnelle Erfüllung, sondern um den tiefsten Systemwechsel, den wir uns vorstellen können – nämlich Liebe und Sexualität von einer historischen Angst zu befreien. Erinnere dich: Jeder echte Liebesakt ist ein Dienst an der Welt.

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