Sexualität als heilige Kraft

Sexualität ist eine heilige Lebenskraft, die Zeugungskraft des Universums. Wenn wir ihr erlauben, frei zu fließen, schenkt sie uns die Wegweiser der Sehnsucht, Lust und Leidenschaft. In jeder vollen, freien sexuellen Begegnung werden große Heilkräfte in Körper und Seele freigesetzt. Unaussprechliches weltweites Leiden ist die Folge einer Epoche, die die Sexualität geschändet, unterdrückt und missbraucht hat. Ein Kernbereich unserer Heilungsarbeit besteht darin, Räume aufzubauen, in denen wir unsere sexuelle Natur wieder ganz akzeptieren und in Respekt auszudrücken lernen.

„Sexualität ist eine Weltmacht. Ihre Anziehung oder Abstoßung, ihre Signale und Verkabelungen, ihre Hoffnungen und Enttäuschungen ziehen sich wie ein geheimes Nervensystem durch die ganze menschliche Gesellschaft, durch jedes Büro, jedes Kaufhaus, jede Kunstausstellung, jede Konferenz, jede Gruppe, jede Firma, jede Partei. In der Heilung der Sexualität liegt der vielleicht revolutionärste Schritt der gegenwärtigen Heilungsarbeit – nach mehrtausendjähriger Unterdrückung und Verleumdung.”

DIETER DUHM

Konzept

Sexuelle Energie ist eine universelle Lebenskraft, die es uns ermöglicht, unsere Lebensfreude in Freiheit und Vertrauen auszudrücken und Heilung in der vollen Vereinigung zu erfahren. Es ist verrückt, wie viel Intelligenz und Energie wir aufbringen, um die sexuelle Energie zu unterdrücken, zu verstecken und zu kompensieren.

Und doch: Ist es nicht ein Wunder, dass menschliches Leben (fast immer) aus einer sexuellen Begegnung hervorgeht? Im Eros liegt ein tiefes Geheimnis unserer Existenz verborgen. Er ist eine elementare Macht, die allem irdischen Leben innewohnt – und Sexualität ist eine Form, die erotische Kraft auszudrücken. Der Dichter Joseph von Eichendorff schrieb: „Es war, als hätt’ der Himmel die Erde still geküsst, dass sie im Blütenschimmer von ihm nun träumen müsst“.

Bevor patriarchale Religionen den Sex zur „Sünde“ erklärten und damit begannen, über den Menschen zu herrschen, gab es frühe Stammeskulturen, die den Eros als den natürlichen Weg zur Erfahrung des Heiligen betrachteten. Altes weibliches Mysterienwissen stellte Frau ins Zentrum der Stammesgemeinschaft. Von dort aus verband sie sich mit der Natur, der Göttin und leitete Rituale für Fruchtbarkeit und Sexualität. Für Menschen, die im Einklang mit den Rhythmen der Erde lebten, war Sexualität ein natürlicher Ausdruck universeller Weltenkräfte. Die Trennung von Eros und Religion ist gleichbedeutend mit der Trennung des Menschen von seiner ursprünglichen schöpferischen Quelle. Die Sexualität wurde entweiht, als schmutzig erklärt und hinter Scham verborgen, während das Göttliche in eine unerreichbare, erdferne Dimension verbannt wurde.

Doch trotz allem Bemühen konnte das bestehende Machtsystem das erotische Leben des Menschen nicht vollkommen kontrollieren. Sexualität ist eine anarchistische Kraft, die alle Gesetze und Regeln durchbricht. Diese Kraft ist immer da, wenn Menschen zusammen kommen. Sie kann sich nie auf persönliche Beziehungen allein beschränken lassen. Um in unseren Leben wahrhaftig zu werden und die Sexualität zu heilen, brauchen wir Vertrauensräume, die es uns ermöglichen, mit der universellen Wirklichkeit des Sexus und des Eros in Berührung zu kommen. Das erfordert den Aufbau neuer sozialer Strukturen und eine tiefe Bewusstseinsarbeit, um Sexualität und Liebe von der Angst zu befreien – das große Ziel unserer Liebesschule.

Wo immer zwei Menschen in Freiheit und Vertrauen zusammenkommen und den universellen Charakter ihrer Vereinigung erkennen, lösen sich alte Begrenzungen auf. In angstfreier Sexualität liegt eine große Heilkraft. Sie verbindet uns mit den Vital- und Seelenkräften des Lebens. Wir erleben das, wenn immer wir die Muster der Angst, des Ekels und der Scham hinter uns lassen können. Wer volle erotische Liebe erfahren hat, kann anderen Wesen keine Gewalt mehr antun. Sinnliche Liebe ist das verlässlichste Fundament echter Gewaltfreiheit.

Erkenntnisse

  • Die erotische Anziehung und Polarität ist eine Schöpfungskraft. Wenn wir uns im Moment der Polarität im anderen wieder erkennen – “tat tvam asi” – entsteht Solidarität zwischen den Geschlechtern.
  • Die erotische Liebe ist ein heiliger Weg zur göttlichen Welt. In der erotischen Liebe verbindet sich das Leibliche mit dem Heiligen und wir treffen auf direkteste Weise das Transpersonale. Es entsteht ein neues morphogenetisches Feld der Liebe.
  • Sexualität ist die tiefste Lust des Fleisches und Glückseligkeit in unserer Seele. Sie ist eine große kosmische und sinnliche Freude, die wir einander geben können. Es ist eine tiefe Kommunikation, Vereinigung und ein Wiedererkennen auf leiblicher Ebene.
  • Die göttliche Welt wird durch den frei gelebten Eros in die irdische Wirklichkeit geholt. Jeder volle Liebesakt ist ein Dienst an der Welt.
  • Die Unterdrückung der weiblichen Sexualität war und ist das Kernstück der patriarchalen Machtausübung.
  • Die Heilung der Liebe ist nicht auf die erotische Liebe beschränkt. Sie schließt auch eine neue Beziehung zu unseren Mitmenschen und allen Mitgeschöpfen mit ein, in der wir das Muster der Trennung auflösen und die Einheit der großen Familie des Lebens erkennen.

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