preload hack for top banner preload hack for top banner

Wir distanzieren uns von Dieter Duhms Kapitel „Sadismus & Masochismus“ (1972)

Wir – die Tamera-Gemeinschaft – lehnen das Kapitel „Sadismus und Masochismus“ aus Dieter Duhms Buch „Angst im Kapitalismus“ von 1972 ab, aus dem kürzlich wieder in einem Zeitungsartikel über Tamera zitiert wurde. Dieses Kapitel wurde Jahre vor der Gründung von Tamera geschrieben und repräsentiert nicht das, wofür unsere Gemeinschaft steht. Die Passage enthält sehr verletzende und problematische Aussagen über die Psychologie der Frau und über sexuelle Gewalt. Dieter Duhm selbst ist entsetzt über das, was er damals geschrieben hat und entschuldigt sich für seine Worte.

Die Tamera-Gemeinschaft, 15. Juni 2025

Damals versuchte er, die Ursprünge von Angst und Gewalt aus psychoanalytischer Sicht zu erforschen. Dem Kapitel fehlt jedoch die Anteilnahme für die Opfer, es pathologisiert Frauen und benennt nicht die Verantwortung der Täter. Es banalisiert Vergewaltigung und kann sogar als Rechtfertigung von Vergewaltigung verstanden werden, da es wissenschaftlich nicht belegte Behauptungen verallgemeinert und nicht zwischen phantasierter und realer Gewalt unterscheidet. Deswegen halten wir dieses Kapitel für schädlich.

Solche Aussagen tragen zu einer langen Geschichte des Verschweigens, der Negierung und Retraumatisierung von Opfern sexueller Gewalt bei.

Wir sagen allen Menschen, die von diesen Aussagen verletzt wurden, allen Opfern und allen Freund:innen: Es tut uns zutiefst leid, dass wir uns von diesen Aussagen nicht schon viel früher distanziert haben.

Wir sagen klar und deutlich:

  • Vergewaltigung ist brutale Gewalt. Kein Opfer hat jemals von einer Vergewaltigung profitiert.
  • Die Verantwortung für eine Vergewaltigung liegt beim Vergewaltiger, nicht beim Opfer. Es spielt keine Rolle, welche Fantasien das Opfer hatte, was es trug und wann oder wo es war.
  • Zustimmung (consent) ist nicht verhandelbar. Jeder Versuch, die Grenze zwischen Zustimmung und Nötigung zu verwischen, ist eine gefährliche Verzerrung der menschlichen Würde und Autonomie.
  • Die Betroffenen verdienen unseren Glauben, Anteilnahme und Fürsorge. Wir lehnen alle psychologischen oder spirituellen Erklärungsversuche ab, die das Trauma der Betroffenen auf ihr unterdrücktes, unbewusstes Verlangen zurückführen wollen.
  • Wir lehnen jede Rechtfertigung für Vergewaltigung ab.

Wir erkennen auch an, dass Dieter Duhms spätere Werke das Thema Sexualität auf viel differenziertere und verantwortungsvollere Weise behandeln. Doch diese geistige Weiterentwicklung entschuldigt nicht Fehler früherer Schriften – und wir nehmen die Verantwortung an, uns mit diesen auseinanderzusetzen.

Im Mittelpunkt unserer Forschung steht die Frage, wie neue Formen des Zusammenlebens entwickelt werden können, in denen die strukturellen Ursachen für Gewalt aufgelöst und dadurch der sich wiederholende Kreislauf von Tätern und Opfern durchbrochen werden kann. Ein Kerngedanke unserer Arbeit ist: Die Heilung sexueller Gewalt erfordert soziale Strukturen, die ein tiefes Vertrauen unter Menschen ermöglichen. Dadurch können traumatische Muster erkannt und transformiert werden, welche die Gewalt immer neu erzeugen.

Die Auseinandersetzung mit diesem Kapitel hat uns jedoch dazu veranlasst, unsere heutigen Praktiken genauer zu durchleuchten. Wir haben erkannt, dass wir Fehler gemacht und Menschen verletzt haben, indem wir sexuelle Freiheit ohne ausreichendes Trauma-Bewusstsein und genügend Ausbildung über Einwilligung und Grenzen gefördert haben.

Während wir noch zuhören, reflektieren und über unsere nächsten Schritte nachdenken, verpflichten wir uns, aus all dem zu lernen, angerichtete Verletzungen so gut wir können wiedergutzumachen und eine Gemeinschaft zu werden, die die menschliche Würde schützt und aufrechterhält.

www.tamera.org