Tamera im Aufbruch:
Unsere Highlights im Jahr 2018

In den letzten Stunden dieses Jahres blicken wir mit Dankbarkeit auf ein global sehr herausforderndes und gleichzeitig erfolgreiches Jahr in Tamera und unserem Netzwerk zurück. 40 Jahre nach Gründung steht unser Projekt in vollem Aufbruch: Start eines neuen Ausbildungswegs für FriedensarbeiterInnen aus aller Welt, erste Schritte im Aufbau der Modellsiedlung „Blueprint200“, Wachstum der globalen Allianz von „Defend the Sacred“, Vertiefung in unserer internen Ausbildung, Veröffentlichung unserer neuen Webseite und vieles mehr…

Martin Winiecki, 31. Dezember 2018

 

40-jähriges Bestehen unseres Projektes

Während wir im März mit 80 langjährigen PartnerInnen und früheren MitarbeiterInnen unser Jubiläum feierten, blickten wir auf 40 Jahre einer radikalen Forschung an den Grundlagen einer humanen Kultur zurück.

Mitbegründerin Sabine Lichtenfels: „Durch tausend Untergänge und Neuanfänge, durch Sektenverfolgung, Bauverbote, Engpässe, Kooperation mit der inneren Führung, Geburten, Liebessehnsüchte und -konflikte, Friedensarbeit in verschiedenen Ländern usw. sind wir gereift, haben uns verändert und sind doch unserer Vision treu geblieben: der Aufbau neuer sozialer Strukturen und Friede zwischen den Geschlechtern als Grundlagen einer humanen Welt.

Wir danken allen, mit denen wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen gemeinsamen Weg gehen konnten. Danke für eure Freundschaft und Solidarität! Lasst uns unsere Vergangenheit ehren und gleichzeitig in die Zukunft schauen – für eine vertiefte Zusammenarbeit hin zu einer gewaltfreien Welt, auf dass die Vision der Heilungsbiotope weltweit aufgehen und blühen möge.“

In diesem Interview spricht Tamera-Mitbegründer Dieter Duhm, vor 50 Jahren Sprecher der Neuen Linken in der deutschen 68er Studentenbewegung, darüber, wie er die anti-imperialistischen Gedanken von damals fortgesetzt hat und auf welchem Weg eine Befreiung von allen Formen der Gewalt und des Faschismus heute gelingen könnte.

Start unseres neuen Ausbildungswegs für den Aufbau von Heilungsbiotopen

Es ist unser Wunsch, den Wissens- und Erfahrungsschatz unseres langjährigen Forschung in den Dienst einer wachsenden weltweiten Suche nach glaubwürdigen Alternativen zu stellen. Eine neue Generationen junger Leitungskräfte entwickelte in den letzten anderthalb Jahren das Konzept eines mehrjährigen Ausbildungswegs für engagierte FriedensarbeitInnen – für alle, die beim Aufbau der weltweiten Heilungsbiotope eine tragende Rolle übernehmen wollen.

Der erste Testlauf des Ausbildungsprogramms – eine dreimonatige Intensivausbildung – fand von August bis November in Tamera statt, mit 55 TeilnehmerInnen aus Europa, Nordamerika, Lateinamerika und Nahost und war ein voller Erfolg. Höhepunkte in dem von Momo-Jana Mohaupt, Dara Silverman, Andy Wolfrum und Team geleiteten Kurs waren die Visionssuche, die praktische ökologische Ausbildung, Gemeinschaftszeit und politische Ausbildung. Wir bereiten im Moment die nächsten Module vor und prüfen, ob wir 2019 eine nächste dreimonatige Grundausbildung anbieten können. Bald mehr dazu…

Wie in den letzten Jahren auch, fand diesen Sommer wieder ein zweiwöchiges Jugendcamp für 13- bis 18-jährige statt. Eine Intensivzeit, in der Teenager Gemeinschaftsleben erfahren, FreundInnen finden und einen neuen Blick auf die Welt und Perspektiven für eine lebenswerte Zukunft entdecken können. Eine Zeit mit außergewöhnlichem Tiefgang – sowohl politisch als auch menschlich. Mehr im Bericht von Nora Czajkowski…

Interne Vertiefung

Gleichzeitig merken wir, dass wir mit dem Aufbau weitreichender Ausbildungsprogramme für die Welt auch unsere eigene Ausbildung und Forschung im Inneren vertiefen wollen und müssen. 2017 riefen unsere Gründer Dieter Duhm und Sabine Lichtenfels dafür die „Akron-Schule“ im Politischen Ashram ins Leben. Eine zweite Ausbildungsgruppe von 20-30 jungen StudentInnen, begleitet von Mara Vollmer, ging bei ihnen von April bis Juli in eine geistige und menschliche Intensivausbildung – und viele leiteten anschließend externe Ausbildungsgänge. Zusätzlich traf sich die ganze Tamera-Gemeinschaft zwischen April und November einmal im Monat für eine mehrtägige interne Liebesschule zum vertieften Studium, zu Forumsarbeit und Erfahrungsräumen.

Anfang des Jahres stellte uns eine Gruppe befreundeter Sponsoren eine größere Summe von Crypto-Geld in Aussicht, um eine Wandlung in Richtung gemeinschaftlicher Schenkökonomie und Füllebewusstsein anzuregen. Der erste Geldfluss von über 160.000 Euro kam über den so genannten „What Do You Need Fund“ in die Gemeinschaft: Viele MitarbeiterInnen konnten ihre Wünsche anmelden, sich beschenken lassen und mussten so zum ersten Mal während unserer gemeinsamen Visions- und Planungsarbeit diesen Winter nicht mehr arbeiten gehen.

Defend the Sacred: Eine weltweite Allianz für den Schutz des Lebendigen wächst

Vom 1. bis 10. August trafen sich in Tamera über 80 Menschen aus 30 Ländern: AktivistInnen aus Befreiungsbewegungen, Indigene verschiedener Kulturen, FriedensarbeiterInnen aus Slums, Flüchtlingslagern und Krisengebieten; DenkerInnen, BürgerrechtlerInnen, GemeinschaftsgründerInnen. Es war das zweite Treffen einer wachsenden Allianz, mit eine menschliche, geistige und spirituelle Plattform für “Defend the Sacred” – die Verteidigung des Heiligen – entstehen soll. Eine Allianz verschiedenster AktivistInnen und Bewegungen auf Grundlage gemeinsamer Werte, des Gebets, der Gemeinschaft und der Strategiebildung für einen weltweiten Systemwechsel. Mehr im Bericht von Leila Dregger.

Im März 2019 erscheint im Verlag Meiga das Buch “Defend the Sacred. Wenn das Leben siegt, wird es keine Verlierer geben”, herausgegeben von der Grace Foundation. Eine Zusammenstellung von revolutionären Gedanken, Bildern, Vorträgen und Berichten der ProtagonistInnen der „Defend the Sacred Alliance“. Dieses Buch können Sie bereits vorbestellen: www.verlag-meiga.org

Teil der wachsenden Allianz ist auch die jährliche „Globale Liebesschule“ im Mai, in der sich FriedensarbeiterInnen der Innenarbeit an der Heilung der kollektiven Wunde in Liebe und Sexualität widmen. Zum ersten Mal nahmen dieses Jahr auch PartnerInnen des Globalen Campus aus Ländern des globalen Südens teil.

In einer Welt strukturellen Unrechts und sich zuspitzender politischer, sozialer und ökologischer Krisen, bedeutet Allianzbildung oft zu allererst: Solidarität. Auf deren dringende Anfrage begleiteten zwei Delegationen aus Tamera unserer kolumbianische Schwesterngemeinschaft San José de Apartadó im März und im Oktober/November. Seit dem angeblichen „Friedensprozess“ haben sich die Drohungen und Angriffe gegen die Gemeinde verschärft – Großteile ihrer Ländern befinden sich unter Belagerung rechtsextremer Paramilitärs.

Zur Unterstützung unserer PartnerInnen in Nahost nahmen Delegationen aus Tamera am jährlichen Jugendfestival im ersten palästinensischen Ökodorf Farkha (unter der Leitung von Aida Shibli) und an einer Mahnmache für Gaza im Juli teil.

Erfolge in der Bewegung gegen Öl- und Gasbohrungen in Portugal

Zusammen mit einer Koalition portugiesischer Umweltgruppen, starteten wir eine erfolgreiche Kampagne gegen die geplanten Offshore-Ölbohrungen vor der Küste von Aljezur (Algarve) und für einen gerechten Übergang in eine regenerative Gesellschaft. Für uns ist dies eine logische Konsequenz des weltweiten Imperativs, das Leben zu beschützen. Ein Höhepunkt der Kampagne war unsere Luftbildaktion, geleitet von John Quigley, mit ca. 800 Menschen an einem Strand nahe Lissabons am 4. August 2018, einem der heißesten Tage, die jemals in Portugal verzeichnet wurden.

Die Aktionen und Gebete erwiesen sich als erfolgreich: Nur 9 Tage nach der Aktion gab der Gerichtshof von Loulé (Algarve) einer einstweiligen Verfügung der AktivistInnengruppe PALP statt und suspendierte die Lizenz für die Ölsuche durch die Konzerne ENI und GALP vor der Küste von Aljezur, die am 15. September hätte beginnen sollen. Am 29. Oktober erklärten beide Firmen dann überraschend ihren freiwilligen Rücktritt von der Ölsuche und sagten, dass sie nach Ablauf des bestehenden Vertrags (Januar 2019) keinen weiteren Vertrag mit der portugiesischen Regierung anstreben würden. Ob das bereits das endgültige Ende der Bestrebungen der Konzerne ist, vor der Küste Portugals nach Öl zu suchen, wird sich zeigen. Sicher ist eins: Menschen, die gemeinsam für den Schutz des Lebendigen aufstehen, können eine Veränderung bewirken!

Wir unterstützen eine wachsende Bewegung im Zentrum Portugal gegen die für 2019 geplanten Gasbohrungen, möglicherweise mit „Fracking“, in gefährlicher Nähe zu einer der wichtigsten landwirtschaftliche Gebiete Portugals, dem katholischen Wallfahrtsort Fátima und dem Surfort Nazaré.

Weitere Ereignisse in unserem portugiesisches Netzwerk

Seit Mai veranstalten wir vierteljährliche Wochenendtreffen, um engagierte AktivistInnen für ökologische Restaurierung, regionale Autonomie und Gemeinschaftsaufbau miteinander zu verbinden und gemeinsame Initiativen zu starten. Im Juni eröffnete in unserem Nachbardorf Reliquias unter der Leitung von Birger Bumb die A Onda, ein Café und Restaurant mit regionalen Bioprodukten und regelmäßigen Kulturveranstaltungen, aus dem sich über die nächsten Jahre ein Kulturzentrum für regionale Autonomie entwickeln soll. Gleichzeitig erfährt unsere entstehende „Escola da Esperança“ immer größeren Andrang von Familien aus der portugiesischen Nachbarschaft, die ihre Kinder in unsere Schule schicken. In unserem Hundeprojekt konnten wir 5 Hunden, die durch tragische menschlicher Verhältnisse ihre Besitzer verloren hatten, ein heilendes Umfeld bieten.Mehr dazu hier.

Fortschritte im solaren Kochen

Höhepunkt unseres Technologieteams war die Intensivzeit der Technologie im Juni, durch die wir u.a. das Spektrum der in unserem Testfeld genutzten solaren Koch-Möglichkeiten ausweiten konnten. Der Verein „Solare Brücke e.V.“ hat uns einen Solarofen geschenkt und wir konnten ein Tracking-System für den Hauptspiegel in unserer Küche erwerben – beides angepasst an den Spiegel und seine Kapazität. Dies wird unsere Möglichkeiten in der Küche bereichern. Der Besuch von Open-Source-Pionier Dave Hakkens gab uns den Anstoß, die von uns weiterentwickelten, getestenen und benutzten Energietechnologie künftig auf einer Open-Source-Plattform im Internet allen Interessierten zur freien Verfügung zu stellen. Wir arbeiten weiterhin am Transfer unserer Membranspiegels zu unseren indischen Partnern. Im neuen Jahr freuen uns auf Felix Hediger, ein Schweizer Künstler und Technologe. Der vorläufige Name des Projektes, an der er arbeiten wird: Water&Sun, die Kombination von einer Wasserpumpe, die das Wasser wesensgemäss bewegt, inspiriert von Viktor Schauberger, mit dem SunPulse Water, einem von Jürgen Kleinwächter und Team entwickelten stand-alone Niedertemperatur-Stirling. Und auf Jürgen Kleinwächter, der uns für eine längere Visions- und Schreibzeit besuchen wird. Erfahren Sie mehr…

Erdarbeiten für die Modellsiedlung „Blueprint 200“

Im Herbst legten wir den Grundstein für „Blueprint200“, ein erstes Demonstrationsfeld in Tamera für ein nach regenerativen Prinzipien gebautes Camp für 200 Menschen, das später auch in anderen Teilen der Erde, z.B. in Flüchtlingslagern verwirklicht werden könnte. Das Demonstrationsfeld entsteht an unserem Gästezentrum. Im September und Oktober schuf unser Ökologieteam die ökologische Grundgestaltung für das zukünftige Camp: eine Terassengestaltung in Kooperation mit der Natur, die sich an den Prinzipen der dezentralen Regenwasser-Retention orientiert. Mehr in Informationen in der Broschüre: „Blueprint200 Earth Works“.

„Und sie erkannten sich“: Neues Buch unserer Gründer und Deutschlandtour

Unser Verlag Meiga schließt unter der Leitung von Monika Alleweldt und Leila Dregger eines seiner erfolgreichsten Geschäftsjahre ab. Im Frühjahr beschlossen wir, noch in diesem Jahr das Buch “Und sie erkannten sich. Das Ende der sexuellen Gewalt” herauszubringen, ein Werk von Sabine Lichtenfels und Dieter Duhm, geschrieben aus der über 40-jährigen Erfahrung ihrer Liebe und Partnerschaft im Aufbau einer Friedensperspektive. Das Buch, das im Oktober zunächst auf deutsch erschien, wurde von Anfang an stark nachgefragt, nicht nur in unserem eigenen Netzwerk, sondern auch im öffentlichen Buchhandel. Vor Weihnachten erschien bereits die zweite Auflage. Der Höhepunkt unserer Vertriebsarbeit war eine fünfwöchige Lese- und Seminarreise im Oktober und November durch Deutschland und die Schweiz, davon über 2 Wochen mit Sabine Lichtenfels und Benjamin von Mendelssohn. Fast überall wurden wir mit überwältigender Herzlichkeit, Interesse, Offenheit empfangen, und die Gedanken über Wahrheit in der Liebe und Heilung in der Sexualität stießen auf große Resonanz. Besonders freute und imponierte uns, wieviele entstehende Gemeinschaften und politische Initiativen dieses Wissen nachfragten. Sehr viele Menschen möchten mit uns in Kontakt bleiben, die Gedanken studieren und an einem Bewusstseinsfeld für diese Themen mitarbeiten. Wir werden in den nächsten Wochen an einer Struktur für diese Kooperation arbeiten.

In Tamera arbeitete die Gemeinschaft währenddessen in Form von Studiengruppen und Liebesschule ebenfalls intensiv mit dem Buch. Es zeigte sich, dass dieses Studium einen tiefen Wissensgrund für das Thema Liebe und Sexualität schafft, der der Gemeinschaft sehr gut tut. Im Prinzip machen wir in Tamera dieselbe Erfahrung wie viele Gruppen, mit denen wir unterwegs gearbeitet haben: Durch das gemeinsame Lesen eines Kapitels aus dem Buch schaffen wir einen geistigen Raum, durch den auch schwierigen Themen in eine allgemeingültigere und heilsamere Perspektive rücken.

Inzwischen wurde “Und sie erkannten sich” auf englisch übersetzt und wird im März 2019 erscheinen; es ist dann als E-Book und gedrucktes Buch weltweit zu ordern, entweder im Buchhandel oder bei: www.verlag-meiga.org

Am 9. November, dem 80. Jahrestag der Reichskristallnacht, feierten wir zusammen FreundInnen in aller Welt den Global Grace Day: ein Tag für die Öffnung der inneren und äußeren Mauern, der Versöhnung, Heilung und Visionsbildung für eine gewaltfreie Welt.

Unsere FreundInnen John Quigley, Pat McCabe, Gabriel Meyer, Mena Vieira und andere waren am 9. November auf dem Mosesberg im Sinai (Ägypten), um zusammen mit den 8 indigenen Beduinenstämmen des Sinai und religiösen FührerInnen ein Zeichen für einen globalen Frieden zu setzen.

Prozess zur Änderung unseres Bodennutzungs- und Bebauungsplans offiziell begonnen

Nach 5 Jahren der Vorbereitung hat im Juni der sogenannte „PIER-Prozess“ begonnen (portugiesisch: „Plano de Intervenção em Espaço Rural“ – Interventionsplan in ländlichen Gebieten). Im Auftrag der Landkreisverwaltung Odemira und einem Architektenteam aus Lissabon, werden wir in den nächsten 3 Jahren daran arbeiten, das bestehende Gelände von Tamera in eine andere Bebauungs- und Nutzungszone zu verwandeln, damit eine dörfliche Infrastruktur ermöglicht werden kann.

Wir steigen dafür in unseren ersten drei Monaten des neuen Jahres in eine intensive Planungszeit ein, um unsere gemeinsamen Ziele und konkreten Vorhaben für nächsten 12 Jahre zu finden. Parallel zu diesem Masterplan arbeiten verschiedene Arbeitsgruppen in Tamera seit diesem Herbst an der direkten Vorbereitung des PIER, sowie einiger Detail- und Basisinformationen.

www.tamera.org